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Die Hypothese der Existenz von Parallelwelten wurde bereits in der Philosophie der Antike erörtert. Zu ihren ersten Vertretern gehörte Petron von Himera, ein Grieche sizilischer Herkunft, der wohl im 5. oder frühen 4. Jahrhundert v. Chr. lebte. Er war der Überzeugung, dass die Anzahl der Welten endlich sein müsse, und spekulierte über ihre räumliche Anordnung. Nach seiner Hypothese gibt es 183 Welten (kósmoi), die aneinandergereiht sind und einander berühren; sie formen ein gleichseitiges Dreieck, wobei je 60 Welten die drei Seiten bilden und die drei übrigen die Ecken sind. Viele Einzelheiten und insbesondere die Begründung sind unbekannt, da Petrons Modell nur durch die Darstellung bei Plutarch überliefert ist. Vermutlich hat sich Petron die Welten kugelförmig vorgestellt.

Auch dem Vorsokratiker Anaximander, der im 6. Jahrhundert v. Chr. lebte, wird ein Viele-Welten-Modell zugeschrieben. Theophrast berichtet, Anaximander habe "eine bestimmte andere, unbegrenzte Natur, aus der alle Himmel und die Welten in ihnen hervorgehen" angenommen. Nach heutigem Forschungsstand ist allerdings davon auszugehen, dass Theophrast eine verfälschende, von späteren Entwicklungen der Philosophiegeschichte geprägte Darstellung von Anaximanders Kosmologie bietet.

Sicher ist, dass die Atomisten Leukipp und Demokrit ein Viele-Welten-Modell entwickelt haben. Ihrer Auffassung zufolge müssen die Gründe, die aus mechanischer Notwendigkeit zur Entstehung dieser Welt geführt haben, ebenso die Entstehung anderer, und zwar unendlich vieler Welten bewirkt haben und weiterhin verursachen. Die Welten können nach der atomistischen Lehre sowohl zeitgleich als auch nacheinander existieren. Sie entstehen und vergehen; während die einen im Entstehen sind, sind andere bereits in Auflösung begriffen. Metrodoros von Chios, der ein Schüler Demokrits gewesen sein soll, illustrierte die Überlegung der Atomisten mit einem Vergleich, der vielleicht von Demokrit selbst stammt: Dass im unendlichen Raum nur ein einziger Kosmos entstehe, sei ebenso unwahrscheinlich wie dass auf einer großen Ackerfläche nur ein einziger Getreidehalm heranwachse. In dem atomistischen Modell gibt es unzählig viele Atome und einen unbegrenzten Raum. Die Atome sind ständig in Bewegung und es bilden sich Ansammlungen von ihnen, die zur Entstehung von Strudeln oder Wirbeln führen, aus denen sich dann die Welten formen. Um jede Welt bildet sich eine Membran oder Hülle aus Atomen, durch die sie abgegrenzt wird. Die Welten sind von unterschiedlicher Ausdehnung, zwischen ihnen befindet sich leerer Raum. Die Verteilung der Welten im Raum ist ungleichmäßig. Auch die Anzahl und Größe der Gestirne in den verschiedenen Welten differiert, da der jeweilige Verlauf des Weltenstehungsprozesses von Zufallsfaktoren beeinflusst wird. In manchen Welten gibt es kein Leben.

Platon verwarf die Hypothese mehrerer Welten und insbesondere die Annahme, es gebe unendlich viele. In seinem Dialog Timaios ließ er die Hauptfigur Timaios von Lokroi die Überzeugung vortragen, der Schöpfer, der stets das Beste wolle, habe nach dem Vorbild seiner eigenen Natur die bestmögliche Welt erschaffen. Es könne nur eine einzige bestmögliche Welt geben. Der Schöpfer sei nur einer und seine Schöpfung entspreche ihm auch hinsichtlich der Einzahl. Wenn es mehrere Welten gäbe, so wären sie nicht unmittelbar dem Schöpfer, sondern dem sie umfassenden Multiversum nachgebildet. Dann wären sie dem Multiversum als dessen Teile untergeordnet; sie wären nur Abbilder eines geschaffenen und daher nicht in jeder Hinsicht vollkommenen Musters. Die Welt sei aber so schön, dass sie unmittelbar nach dem Vorbild des vollkommenen Schöpfers geschaffen sein müsse. An einer späteren Stelle seiner Ausführungen kommt Platons Timaios auf die Frage zurück und äußert sich nun vorsichtiger. Er erwägt die Möglichkeit, dass es fünf Welten gibt, entsprechend den fünf platonischen Körpern. Zwar entscheidet er sich wiederum für die Einzigkeit der Welt, da dies die plausibelste Theorie sei, doch lässt er nun die Möglichkeit offen, dass eine andere Hypothese zutrifft. Ausgeschlossen sei allerdings eine unendliche Anzahl von Welten.

Aristoteles hielt es für unmöglich, dass es „mehrere Himmel“ gibt. Er meinte, weder nacheinander noch nebeneinander könnten mehrere Welten existieren. Kein Körper könne sich außerhalb des bekannten begrenzten Universums befinden. Mit mehreren Argumenten versuchte er die Mehrweltentheorie zu widerlegen.[9] Eine seiner Überlegungen war, dass mehrere Welten, wenn sie existierten, aus den gleichen Elementen zusammengesetzt sein müssten und diese überall die gleichen naturgemäßen Bewegungsrichtungen aufweisen müssten. Alles Schwere müsse von Natur aus demselben Punkt zustreben, alles Leichte von ihm wegstreben. Dieser Punkt könne nur der Mittelpunkt eines einzigen Kosmos sein. Dadurch war für Aristoteles ein Multiversum, in dem jede Welt einen eigenen Mittelpunkt hat, ausgeschlossen.

Der Platoniker Plutarch erörterte die Mehrweltentheorie ausführlich in seiner Schrift De defectu oraculorum. Dort kommen in einem literarischen Dialog Argumente für und gegen die Existenz eines Multiversums zur Sprache. Es wird versucht, die Argumentation des Aristoteles zu widerlegen. Auch die in Platons Timaios erwogene Hypothese der Fünfzahl wird eingehend untersucht. Die Frage bleibt offen. Anders als bei Platon endet die Untersuchung nicht mit einer Präferenz für die Einwelttheorie; vielmehr lautet das Fazit, dass die Mehrweltentheorie der gegenteiligen Auffassung an Plausibilität nicht nachsteht.

Der spätantike Neuplatoniker Proklos setzte sich mit der Frage in seinem Kommentar zu Platons Timaios auseinander. Er plädierte nachdrücklich für die Einwelttheorie.
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